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In Erinnerung an D.S.

aus besonderem Anlaß: Ein letzter Gruß an den Meister des Zufalls oder – hic terminus haeret*

Screenshot aus dem Film: Magdalena Kauz und Daniel Spoerri beim Interview in Daniels Küche 1998.
Screenshot aus dem Film: Magdalena Kauz und Daniel Spoerri beim Interview in Daniels Küche 1998.

Daniel Spoerri (1930-2024) ist weitergereist.

In der Toskana bei Seggiano durfte ich Daniel Spoerri über einige Jahre hinweg mit der Kamera begleiten. Besonders intensiv war die Arbeit an "Der Garten des Daniel Spoerri" (1999, Produktion SRF/3sat/ORF) - ein Projekt, das die besondere Magie eines seiner wichtigsten künstlerischen Vermächtnisse einfing.


 

Die Dreharbeiten verlangten dabei mitunter Flexibilität: Nicht selten klingelte mitten in der Nacht das Telefon, und Spoerri verkündete: "Also nächste Woche kommt Bernhard (Luginbühl), kannst du kommen und drehen?" Diese Dynamik führte dazu, dass ich oft selbst zur Kamera griff, um keine wichtigen Momente zu verpassen, wenn mein Team nicht konnte.

Wie jedes meiner längeren Filmprojekte hat mich auch dieses nachhaltig geprägt. Dieses eine Projekt mit Daniel Spoerri aber hat damals buchstäblich mein ganzes Leben verändert, dazu aber etwas später:

Spoerri erwies sich immer wieder als wandelndes Kunstlexikon, dessen schier unerschöpfliches Wissen nur von seiner kreativen Energie übertroffen wurde. Seine Art, alltägliche Gegenstände in Kunst zu verwandeln und Momente "einzufangen", spiegelte sich in unserer filmischen Zusammenarbeit. Dabei zeigte er mitunter auch seine fordernde, dominante Seite - er wusste genau, was er wollte – oder nicht wollte – und konnte das sehr deutlich machen. An einem denkwürdigen Drehtag schickte er mich sogar "zum Teufel", nachdem ich eine kritische Bemerkung über einen seiner Künstlerfreunde (Nam June Paik) gewagt hatte - ein Moment, der ebenso seine leidenschaftliche Loyalität wie sein Temperament zeigte.

Unvergesslich bleibt jener Moment im Atelier, als Spoerri, völlig versunken in seine Arbeit und die mitreißende Musik von Taraf de Haidouks, plötzlich zu tanzen begann. Er war so in seinem Element, dass er meine Anwesenheit und die laufende Kamera vergaß. Als ich ihn schließlich ansprach, zuckte er erst erschrocken zusammen, brach dann aber in ein so ansteckendes, schallendes Gelächter aus, dass ich mit einstimmen musste.

"Il Giardino" wurde unter seinem wachsamen Auge zu einem Ort, wo nicht nur seine eigenen Bronze-Skulpturen zwischen Olivenbäumen Platz fanden; mit Hingabe integrierte er die Werke seiner Wegbegleiter: Eva Aepplis Figuren, Bernhard Luginbühls kraftvolle Metallskulpturen, Pavel Schmidts innovative Arbeiten und zahlreiche mehr. So entstand ein sensibles Zeugnis künstlerischer Freundschaften, ein Skulpturengarten, der zu den schönsten und originellsten überhaupt gehört.

Seine "Fallenbild"-Philosophie - das Festhalten von zufälligen Momenten - übersetzte sich natürlich in unsere filmische Sprache. Und manchmal brachte das Leben selbst noch eine Überraschung dazu: Was als simple Mitfahrgelegenheit mit Spoerri und Pavel Schmidt zu einer Ausstellungseröffnung in Innsbruck begann, führte zu einer schicksalhaften Begegnung, die mein Leben veränderte: Ich lernte dort an jener Vernissage einen weiteren Künstler, meinen jetzigen Mann Heinz D. Heisl, kennen und lieben.

Im Abspann des Films habe ich Daniel Spoerri denn auch eine ganz besondere Widmung gemacht: "Mit einem ganz speziellen Dank dem Zufall und seinem Meister."

Und jetzt, wo Daniel von uns gegangen ist, kann ich das nur nochmals wiederholen: „Du hast so Vieles gegeben, mit deiner konsequenten Art, dem Zufall immer das letzte künstlerische Wort zu geben: einen Gruß und Dank an dich, Meister Daniel Spoerri, gute Reise, wohin auch immer sie dich führen mag!“

 

Ein kurzer Ausschnitt des Films Der Garten des Daniel Spoerri", der im Text erwähnt wird, hier: https://youtu.be/Cc41GY3dgEE

 

 

* „Hic terminus haeret“ steht über dem Eingangstor des Gartens: „Hier ist die Grenze“ bedeutet es.

 

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